Volksmusik ohne Imageproblem

Konstanten und frische Einflüsse in der slowakischen Musikszene

[von Dieter Kuttenberger]

Eine feste Konstante in der slowakischen Musikszene quer durch die Genres bleibt - allen jüngeren Trends zum Trotz - die slowakische Volksmusik. Sie hat kein Image-Problem, gilt weder als bieder noch als langweilig. Sondern ist vielmehr wunderbares Material für den quicklebendigen Umgang mit Traditionen. Kreativ und manchmal etwas verrückt.

Olga Hochweis, 31. August 2013, www.dradio.de/dkultur/

Die diesjährigen Europäischen Kulturtage bieten Gelegenheit, die Slowakei etwas näher kennen zu lernen. So klein die Slowakei ist, so groß ist die Vielfalt ihrer kulturellen Prägung - und de jungen Bands betreiben eine ganz besondere Art der Kulturpflege. Auch wenn's paradox klingt: die Musikszene der Slowakei hat ein zentrales Element - die slowakische Sprache. Ihrem sanften Klang sind Bands aller Couleur treu ergeben. Ali Ibn Rachid ist das. Der arabische Name - ein kleiner Spaß. Gegründet wurde die Band von Musikstudenten in Kosice. Vorbilder wie Frank Zappa oder King Crimson standen Pate - ihren Wortwitz und Dada-Naivität wollten Ali Ibn Rachid aber doch lieber auf Slowakisch in die Welt tragen. Wer in Songtexten auf einer Sprache mit nur rund fünf Millionen Muttersprachlern beharrt, der setzt in den musikalischen Mitteln auf Originalität. Bisweilen auch auf den besonderen Effekt. Bei Longital, einem Mann-Frau-Duo aus Bratislava, wird die Gitarre mit dem Bogen gestrichen, Kammermusik trifft auf Pop und Avantgarde. Den slowakischen Tellerrand hat das Paar längst verlassen. Häufig wird es zu internationalen Festivals eingeladen.

Eine feste Konstante in der slowakischen Musikszene quer durch die Genres bleibt - allen jüngeren Trends zum Trotz - die slowakische Volksmusik. Sie hat kein Image-Problem, gilt weder als bieder noch als langweilig. Sondern ist vielmehr wunderbares Material für den quicklebendigen Umgang mit Traditionen. Kreativ und manchmal etwas verrückt, die Kapelle Banda scheut nicht einmal Hiphop-Zitate. So klein die Slowakei ist, so groß ist die Vielfalt ihrer kulturellen Prägung: ob es die zentralen Roma-Einflüsse sind oder musikalische Elemente der ukrainischen oder polnischen Nachbarn. Wien ist eine Stunde von Bratislava entfernt, auch Budapest liegt vor der Haustür. Alte K-und-K-Zeiten werden wach, wenn man die Pressburg Klezmer Band hört, die sich den einstigen deutschen Namen der Hauptstadt verpasst hat - in ihrem Repertoire versammelt sie jüdische Musiktraditionen mit Balkan-Klängen oder Liedern aus Südmähren. Traditionspflege einerseits, auf der anderen Seite zunehmend scharfe Reaktionen auf das Hier und Jetzt in der Slowakei - ob es um die Trägheit der konsumorientierten Massen geht oder um den Filz politischer Strukturen. Bekannt dafür, den Finger in die Wunde des Zeitgeistes zu legen, ist diese Band: Zive Kvety, zu deutsch: frische Blumen. Kde to zijeme, wo leben wir bloß, heißt ihr Song.

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