Musik, die in keine Schublade passt

Schunkelfreie Zone: Herbert Pixner holt Vertreter der neuen Volksmusik von der Bühne vor die Kamera.

[von Dieter Kuttenberger]

Die Sendung "Achtung! Neue Volksmusik" soll Vertretern der so genannten „neuen Volksmusik“, Gruppen wie Da Blechhauf’n aus dem Burgenland oder holstuonarmusigbigbandclub, die der Radiohit „Vo Mello bis ge Schoppornou“ weit über die Grenzen ihrer Vorarlberger Heimat hinaus bekannt gemacht hat, eine Plattform bieten.

Tiroler Tageszeitung, 5. September 2013, http://www.tt.com

Innsbruck –Unzählige Kilometer Starkstromkabel, wild gestikulierende Techniker, ein Lichttest hier, ein Soundcheck da und ein Produktionsleiter, der am Reißbrett entworfene Ablaufpläne an die Gegebenheiten vor Ort anpasst: In Innsbrucks Kulturbackstube „die bäckerei“ wird gedreht. Inmitten des ganzen Trubels steht Herbert Pixner, leert seine Espressotasse in einem Zug und segnet mit einem Nicken den Vorschlag einer gestresst wirkenden Mitarbeiterin ab. Ohne Pixner geht hier gar nichts. Der 37-jährige Multiinstrumentalist aus Meran ist nicht nur der Moderator der Sendung „Achtung! Neue Volksmusik“, die hier im Auftrag des Salzburger Privatsenders Servus TV entsteht. Im Grunde ist das Format – wie er selbst sagt – auf seinem „Mist gewachsen“.

Die Sendung soll Vertretern der so genannten „neuen Volksmusik“, Gruppen wie Da Blechhauf’n aus dem Burgenland oder holstuonarmusigbigbandclub, die der Radiohit „Vo Mello bis ge Schoppornou“ weit über die Grenzen ihrer Vorarlberger Heimat hinaus bekannt gemacht hat, eine Plattform bieten. Sie vorstellen und begleiten. Vor allem aber soll „Achtung! Neue Volksmusik“ zeigen, was passiert, wenn Vollblutmusiker zu ihren Instrumenten greifen, wenn sie – wie Pixner sagt – „einfach drauflosspielen und alles passieren kann“.

„In den letzten zehn Jahren hat sich, angestoßen von Musikern wie Hubert von Goisern oder Haindling, eine junge und selbstbewusste Musikszene entwickelt, die abseits von Kommerz und Mitschunkel-Kitsch mit den Elementen traditioneller Musik arbeitet und neue Wege erschlossen hat“, erklärt Pixner im Gespräch mit der TT. Wege, die wegführen vom inszenierten Stillstand einer allzu heilen Welt. Dass die ersten drei Teile von „Achtung! Neue Volksmusik“ in der „bäckerei“ gedreht werden, war dabei nicht von Anfang an klar. Pixner: „Ich kenn­e ‚die bäckerei‘ und bin von ihrer Offenheit für alles Neue fasziniert. Aber es brauchte viel Überredungskunst, um sie als Location durchzusetzen. Beim Stichwort ‚Volksmusik‘ denken TV-Macher reflexartig an Almhütten oder Bauernstuben.“ Solche Dekors würden alle Musikalität ersticken und die Musiker in einen Rahmen zwängen, „den es zu sprengen gilt“, sagt Pixner. Und dafür sei „die bäckerei“ perfekt geeignet: „Hier gibt es nichts, das die Musik einengt, aber viel Raum, um etwas zu probieren.“

Insgesamt wurden in den vergangenen Wochen fünf Folgen von „Achtung! Neue Volksmusik“ gedreht. Ausgestrahlt werden sie ab 20. September immer freitags ab 21.15 Uhr auf Servus TV.

Aber danach soll noch lange nicht Schluss sein, erklärt Pixner im TT-Gespräch: „Schon jetzt spielen alle Musiker, die in der Sendung auftreten, live, und vieles, das vor der Kamera passiert, ist improvisiert. Was liegt da näher, als eine wirkliche Livesendung zu machen, mit ganz wenig Gerede und viel Musik, die in keine Schublade passt.“ Und ganz insgeheim hat Herbert Pixner noch einen anderen Plan: „Ich würde gerne noch mehr polarisieren. Man könnte volkstümliche Gruppen wie die Kastelruther Spatzen mit jungen Musikern zusammenbringen, sie miteinander auf die Bühne stellen – und schauen, was passiert.“ (jole)

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